Die erste Frage ist nur zu logisch: Wie kommt man darauf, einen Österreichischen Musiktheater- preis zu erfinden? Ebner: Naja, das war eher so eine Bar-Geschichte in Tokio, wir waren auf Japantournee mit der Volksoper Wien. Ein Journalist philosophierte mit mir über den Nestroy-Preis, weil er dort in der Jury gesessen ist. Ich meinte dann im Überschwang von Kirin Bier, dass es eigentlich eine Schande sei, dass es in ganz Europa keinen einzigen Musik- theaterpreis gäbe. Zwar fand damals noch der „Echo“ statt, aber der war sehr spezifisch und außerdem sehr von der CD- Industrie gesteuert, die da sehr viel Geld hineingesteckt hat. Am nächsten Tag fragte ich KS Josef Luftensteiner, ob wir das nicht machen könnten – einen Musiktheaterpreis. Ich bekam noch in Tokio einen Timeslot von zehn Minuten bei den Volksoperdirekt- oren Ksch. Robert Maier und Mag. Christoph Ladstätter und stellte die Idee vor. Sie waren nicht abgeneigt. Da wir in dieser Spielzeit sowieso die Zusammen- arbeit mit dem Muth hatten, haben wir dann einfach gesagt: „Probieren wir es eben!“ Die Idee zu haben ist das eine. Sich dafür gleich bei der ersten Veranstaltung als Moderator zur Verfügung zu stellen das andere. Warum haben Sie sofort zuge- sagt? Trenkwitz: Warum macht man überhaupt Sachen? Weil man gefragt wird, das ist in unserem Geschäft so. Warum singe ich nicht dort? Na, weil ich nicht gefragt wurde, dort zu singen. Es war zunächst einmal die Idee von Karl-Michael, dass ich dieses Baby aus der Taufe heben soll. Habe ich von Anfang an daran geglaubt? Am Anfang hat der Preis ja noch nicht einmal einen Namen gehabt. Wie war das überhaupt mit der Namensfindung, einer von den beiden Namen war verboten: Papageno ja, Schikaneder nein? Ich erinnere mich nicht mehr. Ebner: Genau, er hätte Papageno heißen sollen. Nach der Namensfin- dung und der Pressekonferenz kam dann allerdings ein Brief aus Linz. Dort gibt es den „Papageno Award“ für Kinder- und Jugendtheater. Trenkwitz: Das war‘s. Ebner: Und die meinten, dass unser Preis nicht Papageno heißen dürfe, da sie schon so heißen. Trenkwitz: Wir waren zu dem Zeitpunkt aber schon knapp vor der Veranstaltung im Muth und daher wurde der Preis dann kurzerhand in „Schikaneder“ umbenannt – sein Geist schwebt ja wirklich immer noch darüber. Offiziell heißt er Österreichischer Musiktheaterpreis und die Trophäe ist der Schikaneder. Am Anfang glaubten wenige Leute an diesen Preis. Es ging sogar das böse Wort vom „Volks- opernkantinenpreis“ um. Es stellte sich aber auch immer mehr die Frage: „Wieso gibt es so einen Preis nicht schon längst? Einen Preis im Musik-, Theater- und Opernland Österreich, der diese spezifischen Leistungen würdigt!“ Mittlerweile ist er natürlich nicht mehr wegzudenken. Am Anfang ist alles Neue ein Störfaktor, ein Ärgernis, aber manches – wie eben der Schikaneder – wird dann eine Tradition. Es ist ja – wenn ich das Geheimnis verraten darf – einiges bis heute nicht bis ins letzte Detail geplant, wird’s auch nie sein. Aber so fühle ich mich wohl und ich hatte vom ersten Moment an ein gutes Gefühl, mit an Bord zu sein. Gab es irgendwann einmal einen Zeitpunkt, an dem ihr das Gefühl hattet, das wird nichts, jetzt hören wir auf? Ebner: Es gibt so Zeitpunkte, wo ich mir nicht ganz sicher bin, ob ich mich in der Kulturpolitik oder in irgendwelchen psychiatrischen Anstalten bewege. Wenn in einem Jahr große Theatermacher und Protagonisten der Kulturszene sagen, was ist denn der ÖMTP für ein Schmarrn, den brauchen wir nicht, was bildet sich der Ebner ein, und sich ein Jahr später überschwänglich für die erhaltene Trophäe bedanken und die Ver- anstaltung als eine der schönsten preisen – da fange ich schon zum zweifeln an, wo die Reise hingeht. Es ist auch jedes Jahr eine Zitter- partie, ob der ausgezeichnete Welt- star erscheinen wird oder nicht. Trenkwitz: Es ist wichtig, die Veranstaltung immer wieder neu zu erfinden, man steht jedes Jahr vor neuen Herausforderungen: Wie lösen wir dieses Problem, wie ist das heuer mit den Preisen, INTERVIEW 9 Ihr habt diese spezielle Veranstaltung aber nicht nur kreiert, um zu sagen, wir können das. Ihr habt doch plötzlich eine ganz neue Form der Kultur- veranstaltung geschaffen? Ebner: Ja, das ist ein bisschen meiner Herkunft aus dem Innviertel und den schönen Gastgärten dort geschuldet. In Österreich wurde diese Corona-Verordnung (Abstand, Babyelefant) erlassen, wodurch es in den Theatern keine oder nur sehr eingeschränkte Veranstaltungsmöglichkeit gab, ein Gastgarten aber kein Problem darstellte. So haben wir uns dieser Verordnung eben geistig angeschlossen und gedacht: „Was machen wir am Flughafen Salzburg im Sommer 2020?“ Ganz einfach: Sessel und Bühne aufs Rollfeld stellen, also einen Gastgarten bauen. So kam es auch zum ersten Dinner bei der Preisver- leihung. Vorher waren wir immer im Theater bei fixer Reihenbestuhlung. Seit diesem Zeitpunkt hat sich die Veranstaltung sehr in Richtung Galadinner entwickelt. Das war nicht nur Salzburg, sondern vor allem der Pandemie geschuldet. Wir sind eben immer lösungsorientiert. (lacht) Wie sehr würdet ihr selbst gerne diesen Preis bekommen? Trenkwitz: Liebend gern! Ebner: Sagt jeder! Trenkwitz: Du wirst ihn nie bekommen, keine Chance. In den ersten ein, zwei Jahren, habe ich damit kokettiert ob ich vielleicht den Preis für den besten Nach- wuchs bekomme, das war natürlich eine reine Blödelei, eh klar. Männliche Hauptrollen spiele ich nicht, ebenso wenig wie weibliche, da habe ich keine Chance. Ich bin auch keine beste Produktion, aber beim letzten Preis, 2022, da war nicht ich, sondern mein Festspiel, das Langenlois, nominiert. Da hätte ich mich einerseits wahnsinnig gefreut, wenn ich den Preis bekom- men hätte, hätte aber auch nicht gewusst, wie ich dann weiter mode- riere, wenn ich mir selber einen Preis übergebe. Ebner: Ich arbeite auf das Lebenswerk hin, das könnte gehen. Alles andere wäre schon sehr sonderbar, als Präsident des Preises. Naja, das Lebenswerk eigentlich auch. wer ist gekommen, wer hat in letzter Sekunde abgesagt. Wir müssen jedes Jahr uns und den anderen neu beweisen, dass dieser Preis funktioniert. Man zweifelt ja auch vor jeder Vorstellung, die man spielt – man zweifelt aber hoffent- lich nicht zu laut, denn sonst sollte man vielleicht einen anderen Beruf wählen. Es ist aber schon immer wieder ein Bergerl, das man überwinden muss. Was alle Zweifler nicht geschafft haben, hätte dann fast die Pandemie in den Jahren 2020 und 2021 geschafft. Ihr habt in beiden Jahren den Österreichischen Musiktheater- preis durchgezogen. Wie kann so etwas gelingen? Trenkwitz: Jetzt darf der Karl- Michael nichts sagen, das muss ich erzählen, denn mein Verdienst war es nicht. Nachdem während der Pandemie im Frühjahr 2020 die Theater schließen mussten und im Sommer auch keine Veranstal- tungen geplant waren, dachte ich, die Preisverleihung wird nun eben auch nicht stattfinden können. Aber der Karl-Michael hatte sowohl den Ehrgeiz als auch die Idee, um den ÖMTP auch in diesem Jahr durchzuführen, nämlich in Salzburg, am „musikalischsten Flughafen der Welt“. Das war ein starker Lebensbeweis für diesen Preis und natürlich auch ein Lebensbeweis für das Theater, das war unglaublich wichtig! Christoph Wagner-Trenkwitz